Harmonize - Musik in Bewegung

Harmonize - Musik in Bewegung

Ein Blick hinter die Kulissen…

Ich möchte Ihnen einen Einblick geben hinter die Kulissen unsers letztjährigen Jahreskonzerts «Harmonize» - Musik in Bewegung. Für uns war es ein sehr aussergewöhnlicher Event und auch die Vorbereitung verlief dementsprechend ganz anders als bei einem Konzert ohne Partnerverein. Bereits im Februar 2018 – also fast 2 Jahre vor dem Event – habe ich das erste E-Mail an den STV geschrieben. Ich kenne dort zwei Personen, von denen ich wusste, dass sie im Vorstand tätig sind. Es gingen erste E-Mails hin und her und Mitte September 2018 sassen zum ersten Mal HWK-ler und STV-ler an einem Tisch, um darüber zu diskutieren, ob sich beide Seiten eine Zusammenarbeit überhaupt vorstellen könnten. Das gegenseitige Interesse des Vorstandes stimmte uns positiv, wenn auch noch viele Fragen offen waren.
Das erste, das wir organisieren mussten, war ein geeigneter Auftrittsort, sprich eine Dreifachturnhalle. Mit einem Schreiben an die Gemeinde Wettingen versuchten wir, die neue Halle im Margeläcker mieten zu können. Leider blieben wir auch nach mehreren Versuchen und Telefongesprächen erfolglos, was uns nicht nur ärgerte, sondern auch vor eine grössere Herausforderung stelle. Auch die grosse Sporthalle im Tägi war bereits besetzt und fiel damit als Option weg. Da ich zufälligerweise auch bei der Kantonsschule Wettingen eine Person kenne, versuchten wir dort unser Glück – und siehe da, ziemlich genau ein Jahr vor der Aufführung hatten wir eine Zusage. Bereits zu diesem Zeitpunkt war uns klar, dass dies für uns bedeuten würde, dass wir eine Zuschauertribüne würden bauen müssen und dass der logistische und personelle Aufwand gross – immens – sein würde. Inzwischen hatte sich ein OK aus HWK und STV gebildet und die Daten der Aufführung standen. Wir wollten unbedingt zwei Aufführungen machen, so dass sich der Aufwand dann auch lohnt. Weil wir nicht bereits am Freitag den Tag durch die Halle einrichten konnten, fiel der Freitag als Aufführungstag weg – das gleiche war mit dem Sonntag, weil am Montagmorgen die Schule die Halle wieder brauchte. Somit kamen wir zum Schluss, dass wir an einem Tag zwei Aufführungen einplanen mussten. Auch da waren wir uns früh bewusst, dass dies ein ambitioniertes Programm sein würde, aber es blieb uns nichts anders übrig, als es zu wagen.

Am 16. Januar 2019 standen wir das erste Mal in der leeren Dreifachturnhalle der Kanti Wettingen und versuchten uns vorzustellen, welche Möglichkeiten sich hier entfalten könnten. Gleichzeitig liefen erste Abklärungen: Der Boden musste abgedeckt werden; wir brauchten Podestelemente für die Zuschauertribüne und insgesamt über 500 Stühle. Neben allen logistischen Angelegenheiten musste natürlich auch ans Programm gedacht werden – wie sollte die Show überhaupt verlaufen? Spielt die Harmonie zu allen Nummern des STV? War das überhaupt machbar und sinnvoll? Es kristallisierten sich Stücke heraus, die wir gut übernehmen konnten. Wichtig war uns, dass wir nicht allzu viele gemeinsame Proben planen mussten. Das bedeutete, die Nummern, die wir gemeinsam machen wollten, mussten vom Stück und der Turnnummer so aufgebaut sein, dass das Timing nicht auf den Beat genau umgesetzt werden musste. Natürlich spielte die Gesamtlänge des Stucks eine grosse Rolle. Das war auch der Grund, warum wir am Ende praktisch kein Stück einfach von Anfang bis Schluss durchspielen konnten, sondern überall Anpassungen machen mussten: Takte 12-18 drei Mal spielen, das ganze Stück wiederholen, beim zweiten Mal aber 8 Takte auslassen etc. Für uns Musikerinnen und Musiker war das sicherlich nicht immer ganz einfach, es brauchte mindesten eine Extraportion Konzentration, um die eigenen Kritzeleien in den Noten richtig zu deuten.

Im Verlauf des 2019 trafen wir uns vom OK zu 8 (!) weiteren Sitzungen. Der Kern, Pascal Gruber (HWK), Basil Baumgartner (STV), Flavio Bizzozzero (STV) und ich (HWK) waren immer dabei, dazu kamen Florian Süess (STV, Regie), Severin Egloff (STV; Finanzen) oder Luciano Bizzozero (HWK, Direktion). Natürlich halfen noch viele weitere Personen tatkräftig mit: Andrea Gruber organisierte mit ihrem Team die Tombola, Nicole Demierre und Linda Thüler schmissen die Festwirtschaft, beide Vorstände wurden mit organisatorischen Aufgaben beauftragt und so weiter. Für uns war es enorm wichtig, immer den Überblick behalten zu können, um Doppelspurigkeiten zu vermeiden und gleichzeitig nichts zu vergessen. Es war sehr spannend, wie sich diese zwei Welten von Musik und Sport langsam annäherten. Immer wieder brauchte es Erklärungen – oder wussten Sie, dass man diesen langen, ausrollbaren Mattenbahnen «Spieth» sagt? Ich wusste nicht einmal, dass es diese Dinger überhaupt gibt… Auch sonst gab es immer wieder interessante Gespräche, bei denen wir versuchten, von beiden Vereinen die wichtigsten «kulturellen» Punkte zu berücksichtigen.

Je näher der Dezember rückte, desto intensiver wurde an den Details gearbeitet. Zwei gemeinsame Proben waren geplant – und auch wenn die Zeit jeweils recht knapp war und es auf beiden Seiten Geduld brauchte, haben mich diese Proben enorm motiviert. Ich sah, für was ich (und alle anderen) viel Zeit investierten – und ich sah, dass es am Ende eine super Show geben würde. Bis es aber soweit war, mussten noch einige organisatorische Hürden genommen werden. Besonders herausfordernd war es, einen Plan zu erstellen, wer wann wo mit welchem Auto welche Podeste und Stühle abholt. Wir sind froh, dass Petrus uns nicht mit einem Meter Schnee überrascht hat am Show-Wochenende… Auch die Einteilung des Personals – Aufstellen, Arbeitsschichten an der Bar oder der Festbeiz, Aufräumen – alles musste genau geplant werden.

Und dann war es soweit: Der 13. Dezember war da, der Freitag vor der Show. Ich glaube, alle Beteiligten waren ein bisschen nervös an diesem Morgen… Dank der guten Planung verlief das Abholen der Podeste und sonstigem Material praktisch reibungslos und der Zeitplan ging auf, so dass wir nach 15 Uhr die Halle übernehmen und die ersten Absprachen vor Ort machen konnten. Immer mehr Aktive aus beiden Vereinen trudelten ein, wurden eingeteilt und packten an. Was mich am meisten beeindruckt hat an diesem Tag war, dass alle ohne grosses Tamtam zusammenarbeiteten. Von aussen konnte man HWK oder STV nicht unterscheiden. Auch in hektischen oder mühsamen Situationen – zum Beispiel, als der Lift ausfiel und alles über die engen Treppen heruntergetragen werden musste – blieben alle erstaunlich locker, machten Spässe und arbeiteten einfach weiter. Die Menge an Material zu sehen, die wie auf einer Ameisenstrasse herangetragen wurde, war ebenfalls beeindruckend. Die Zuschauertribüne und die über 500 Stühle füllten den mittleren Teil der Dreifachturnhalle aus, die Vorführfläche und der Boden für die Harmonie waren ausgelegt, die Tombola nahm Formen an und die Festwirtschaft stand. Das OK steckte nochmals die Köpfe zusammen und machte eine (hoffentlich letzte) To-Do Liste, was am Samstag noch alles erledigt, geprüft, nachgebessert werden musste. Gegen 23 Uhr verliessen die letzten Leute die Halle – was für ein Tag. Und das war noch nicht einmal der Höhepunkt des Projekts…

Am Samstag galt es, Ausdauer zu haben. Damit Licht- und Tontechniker uns alle optimal bedienen konnten, wurde ab 9 Uhr das ganze Programm einmal durchgespielt und duchgeturnt. Danach mussten noch letzte Kleinigkeiten gemacht werden. Als dann die ersten Zuschauerinnen und Zuschauer ankamen, stieg mein Adrenalinpegel nochmal ein bisschen. Jetzt würden wir sehen, ob wir alles richtig und logsich angeschrieben hatten, ob das Online-Ticketing (für die HWK eine Neuheit) funktioniert hatte, ob die Stühle richtig nummeriert waren und so weiter. Beim Einstehen vor dem Auftritt habe ich über die Galerie auf die Tribüne geschaut und war schon etwas stolz darauf, bei einem solchen Event dabei sein zu können – und als ich dann bei der Abendvorstellung sah, dass wirklich der hinterste und letzte Platz besetzt war, habe ich tief ein- und ausgeatmet und war wirklich erleichtert, dass wir es bis dahin ohne grosse Panne geschafft hatten. Beide Vorstellungen verliefen für alle Aktiven sehr gut. Wir alle konnten es geniessen – und das ist etwas vom Wichtigsten bei solchen Anlässen. Obwohl wir wussten, dass wir am Sonntag alles wieder abbauen und aufräumen mussten, waren sich Turner und Musiker absolut einig: Das erste Bier nach der Vorstellung schmeckt immer am besten! Wann genau die letzten Tanzfüdlis nach Hause gegangen sind, weiss ich nicht… aber am Sonntag standen alle pünktlich auf der Matte. Ich glaube, wir alle wären froh gewesen, wenn wir einfach den Freitag hätten rückwärtslaufen lassen können und alles wäre erledigt gewesen, aber leider war es nicht so einfach. Und da auch am Sonntag der Lift wieder ausstieg (grrr….), mussten auch hier wieder alle die letzten Reserven mobilisieren. Es war niemand böse, als wir dann gegen 15 Uhr fertig waren und erschöpft nach Hause gehen konnten.

Für mich persönlich war dieses Projekt einzigartig. Es war sehr aufwändig, aber in meinen Augen hat sich dieser Aufwand mehr als gelohnt. Ich weiss, dass es nicht allen Besucherinnen und Besuchern gleich gut gefallen hat – es war nicht ein normales Jahreskonzert, wie man es von der Harmonie kennt. Und ich habe auch diverses Feedback zu ungünstigen Schweinwerferpositionen und schlechter Sicht auf die Vorführfläche bekommen. Und trotzdem sehe ich es als erfolgreiches Konzert. Ich bin überzeugt, dass wir neues Publikum erreichen konnten, dass wir den Graben zwischen «den Turnern» und «den Musikern» etwas schliessen konnten und dass wir durch solche Projekte wachsen. Vielleicht nicht in erster Linie an Mitgliedern, aber sicher an Selbstbewusstsein und Ausstrahlung. Und die wird man sicherlich auch im 2020 am Jahreskonzert im neuen Tägisaal spüren.